Ich habe Lotto gespielt. Das ist doch an sich nicht verwerflich. Als zahlen-affiner Zeitgenosse verbietet es sich mir eigentlich ein gesunder Menschenverstand (komisches Wort – als ob wir Menschen einen Verstand besäßen, den wir dann auch noch zielgerichtet einsetzten) verbietet, bei einer solch geringen Wahrscheinlichkeit überhaupt nur eine kleine Summe auf eine zufällige Zahlenkombination zu setzen. Zufällig muss diese schon sein, da ich alle zwanzig Jahre Lotto spiele und ich bloß keine mir eingängigen Zahlen tippen würde, da sonst bei einem Nicht-Setzen mein Leben schlagartig in ein „Was-wäre-doch-nur-gewesen-wenn“-Szenario abdriften könnte.
Nun kurz um – ich spielte und wie schon meine Logik mir im Vorfeld zugeflüstert hatte, kamen die von mir ausgewählten Glückszahlen natürlich nicht; noch nicht einmal im Ansatz: Es kam überhaupt keine der Zahlen.
Trotzdem bekam ich von dem Unternehmen eine frohe Botschaft, die mir mitteilte, dass ich fünf Euro gewonnen habe und diese nun meinem Lotto-Online-Konto gutgeschrieben würden. Da ein Spiel 1,80 Euro kostet, konnte ich so zweimal umsonst Fortuna herausfordern. Da man bei einem Glücksspiel aber auch eine Sucht entwickeln kann, fühlte ich mich von meinem Lotto-Dealer verführt.
Ich wundere ich, warum dieses überhaupt erlaubt sein kann. Ich bekomme eine Gutschrift und mir wird kostenlos ein Lottogewinn in Aussicht gestellt.
Es ist aus meiner Sicht somit nicht nur ein zweifelhafter Usus, Glückszahlen einer möglichen Sucht im Rahmen der Nachrichten zu kommunizieren, es wird auch aktiv versucht, mich zu einem Spieler zu machen: Eine denkwürdige Praxis.
Jedenfalls habe ich nun den Rest von den fünf Euro – 1,40 Euro – auf meinem Lotto-Online-Konto und werde diesen Betrag dann wohl ungefähr im Jahr 2043 der Inflation zum Trotz um 40 Cent ergänzen, um Fortuna ein weiteres Mal herauszufordern.